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Gib mir eine Pistole

Das Jubiläum, Tragöde wider Willen, Der Heiratsantrag

Drei Einakter von Anton Tschechov

 

Regie: Viktoria Alexander

Bühne und Kostüme: Harry Hummel

Kostüme: Harry Hummel, Irina Aslanowa

Licht: Stefan Undeutsch

 

Der Bär:

Eine junge Witwe beschließt, sich nach dem Tod ihres Mannes in ihren „vier Wänden zu begraben“. Dieser Plan wird von dem Gutsbesitzer Smirnoff völlig zerstört.

 

Tragödie wider Willen:

Wie viele russische Familienväter verbringt Tolkatschov den Sommer mit seiner Familie in der Datscha (Sommerhaus) und fährt täglich zur Arbeit in die Stadt. Neben der täglichen langen Anreise und dem eintönigen Job im Büro wird er für Einkäufe und Botengänge ausgenutzt. Auch am Abend erwarten ihn in weitere Pflichten, die er gegen seinen Willen erfüllen muss. Er möchte dieses „Hundeleben“ beenden und bittet einen Freund um dessen Pistole. Er kann nicht mehr ...

 

Der Heiratsantrag:

Lomov wirbt bei seinem Nachbarn um die Tochter Natalja. Anstatt den Heiratsantrag zu besprechen, nimmt das Gespräch einen anderen Verlauf. Ein hitziger Streit zwischen den Nachbarn gefährdet den Antrag. Kommt es zum erhofften Familienglück?

 

 

 

Presse

Wiesbadener Kurier, Main-Taunus-Kurier, 06.07.2004 (Corinna Spatz)

Seele zwischen Leberwurst - Drei Einakter von Tschechow in der Wartburg

"Leih mir bis morgen deinen Revolver - sei ein Freund!" Die Bitte, die der geplagte Familienvater Tolkatschov seinem Freund Muraschkin händeringend vorträgt, könnte der Rettungsanker für alle Protagonisten in Anton Tschechows Einaktern "Das Jubiläum", "Tragödie wider Willen" und "Der Heiratsantrag" sein. Unter der Regie von Viktoria Renz brachte das Stanislawskij-Ensemble denn auch die drei Stücke unter der resignativen Überschrift "Gib mir eine Pistole..." auf die Bühne der Wiesbadener Wartburg.


Die Seelennöte eines Verwaltungsratspräsidenten, eines Familienvaters und eines auf unglücklichen Freiersfüßen Wandelnden zeichnet Tschechow mit ebensolcher Genauigkeit wie jene der Figuren aus seinen großen Seelendramen. Hinzu kommt bei den Einaktern eine Komik, die durch pointierte, mitunter vor Bosheit funkelnde Dialoge das jeweilige Stück ins Farcenhafte steigert.


Konstantin Stanislawskij, der Neuerer des russischen Theaters, revolutionierte die Didaktik der Schauspielkunst. "Die Bekanntschaft des Schauspielers mit der Rolle gleicht der Begegnung zweier zukünftiger Ehegatten." Die Inszenierung könne nur unter Berücksichtigung der Individualität der Schauspieler gelingen. "Das Jubiläum", den fünfzehnten Jahrestag der Gründung seiner Bank, gedenkt Karl Jürgen Sihler als Verwaltungsratspräsident Schiputschin zu begehen. Dass er, als die Deputation mit den Glückwünschen endlich erscheint, am Ende seiner Kräfte wie seiner Nerven ist, dafür zeichnen Ariane Klüpfel als seine aufgedrehte Frau Tatjana, Friedrich Metz als sein kränkelnder Bankbuchhalter und Anette Krämer als unnachahmlich lamentierende Bittstellerin Mertschutkina verantwortlich.


Das Leben des Familienvaters Tolkatschov entpuppt sich als "Tragödie wider Willen". Aufgerieben von der täglichen Pendlerei zwischen Arbeitsplatz und Datscha, von den aufgetragenen Botengängen um Damenstrümpfe und Leberwurst und der abendlichen Zwangsvergnügung mittels der Laienspielgruppe der Datschensiedlung, wird Tolkatschov, brillant verkörpert von Victor Calero, zum weinerlichen Wrack, das die Grenze zum irre lächelnden Psychopathen übertänzelt, als Freund Muraschkin die Qual noch zu steigern weiß. Streitsüchtige Charaktere treffen in "Der Heiratsantrag" aufeinander. Statt um eine Eheschließung geht es alsbald um die Besitzverhältnisse der "Ochsenwiesen". Friedrich Metz beschwichtigt als Brautvater die rechthaberischen Brautleute Natalja (Ariane Klüpfel) und Lomov (Karl Jürgen Sihler). Das glückliche Ende wird einem Herzinfarkt abgetrotzt. Die Pistole bleibt vorerst noch im Nachttisch.